Bevor wir die USA verlassen haben, sind wir immer wieder gefragt worden, und haben uns manchmal auch selbst gefragt, ob wir uns wirklich gut überlegt haben, nach Mexico und weiter nach Mittelamerika zu reisen. Ein subtil ungutes Gefühl schwang immer mit, eine nicht genauer definierbare Sorge, eine Angst vor dem Verlassen der Komfortzone „Reisen in der westlichen Welt“.

Zwischenzeitlich sind wir fast zehn Wochen in Mexiko unterwegs und ich möchte etwas schreiben zu unserem Empfinden, zu Erlebnissen, Beobachtungen und Gefühlen in diesem ersten (gefühlt) zentralamerikanischen Land (in Karten und Atlanten wird Mexiko i.d.R. noch Nordamerika zugeordnet). Es ist wie gesagt nur EINE Sichtweise: Unsere. Und es schließt nicht aus, dass sich manches auch wieder verändert, wenn wir weiter reisen. Dennoch!

Das größte Fragezeichen galt im Vorfeld dem Thema Sicherheit/Sicherheitsempfinden.

Dazu kann ich sagen, dass wir uns bis heute an keinem Ort tatsächlich unsicher gefühlt haben. Gut, wir haben – anders als in Amerika – noch nicht auf Walmart-Parkplätzen o. ä. übernachtet und sind vielleicht bei der Auswahl von Parkplätzen wachsam, aber das übersteigt in der Regel nicht das Maß dessen, was wir auch in manchen Städten Amerikas getan haben oder in Deutschland tun. Es gibt ein paar wirklich (gefühlt) unentbehrliche Dinge und die tragen wir schon seit Anbeginn der Reise bei uns. Alles andere ist hoffentlich auch für Kriminelle uninteressant. Ich muss dabei oft an das Zitat denken: „Nimm nie etwas auf ein Schiff mit, das du nicht hergeben kannst.“ Das fühlt sich passend an, auch ohne Schiff.

Hinzu kommt, dass es eine starke Präsenz von Polizei (auf der Baja auch Militär) gibt. Da weiß ich manchmal selbst nicht, ob ich mich sicherer fühlen kann oder mich das eher verunsichert. Doch trotz Uniform haben die Polizisten immer Zeit für ein Lächeln, einen netten Spruch oder ein Abklatschen mit den Kindern. Korrupt war bisher uns gegenüber noch keiner.

Dennoch gibt es für uns auch fremde Situationen. Ein Beispiel: Es gibt in Mexiko Auto-Maut-Stationen – ähnlich der in Italien. Einige wenige von ihnen sind – offiziell geduldet – von Einheimischen gekapert, welche nun für das eigene Dorf Geld eintreiben. Eine dieser Stationen haben wir bisher passiert. Die Menschen waren freundlich, haben von uns die von anderen Touristen empfohlene „Gebühr“ erhalten und uns fahren lassen. Wir haben natürlich nicht diskutiert, waren klar in der Höhe des Betrags, den sie bekommen (kein Geldbeutel mit vielen Scheinen zeigen, sondern den passenden Betrag griffbereit haben und signalisieren, dass es mehr nicht gibt) und sind ihnen freundlich begegnet. Die Situation war also ungewöhnlich für uns, aber nicht angsterregend.

Kurzum, bis zum heutigen Zeitpunkt fühlt sich das Reisen in Mexiko sicher an. Aufgrund der sprachlichen Unsicherheit ist es vielleicht vergleichbar mit dem Reisen in Südeuropa.

Meine zweite Betrachtung gilt der Mentalität der Menschen hier in Mexiko. Wohlwissend natürlich, dass es DIE Mentalität nicht gibt. Aber, ich wage eine (m)einseitige Beleuchtung.

Auch bei diesem Aspekt bin ich gedanklich wieder ganz schnell in Spanien oder Italien. Die Mexikaner leben miteinander am liebsten draußen. So mein Eindruck. Selbst im kleinsten Dorf mit engen Gassen und zur Gasse hin vergitterten, fensterlosen oder verdunkelten Fassaden (ich sag nur Mallorca), trifft sich die ganze Nachbarschaft am Wochenende oder am Nachmittag auf der Straße. Bunte Girlanden hängen zwischen den Häusern, in jeder Garageneinfahrt kann man etwas kaufen oder die Menschen treffen sich an Straßenständen zum Essen. Die Städt(chen)e haben meist eine Plaza, wo Märkte stattfinden, viele Bänke stehen und das Leben pulsiert.

Wir werden oft gefragt, wo wir herkommen oder welcher unser Lieblingsfußballverein ist. Und bei Bennett wird gern geprüft, ob alles echt ist (die großen Jungs werden eher nicht mehr angefasst). Wenn wir im Auto sitzen winken sie uns oder grüßen mit einem Nicken.

Die fliegenden Händler an Ständen oder auf Campingplätzen kommen gern nah und preisen ihre Waren an. Manch einer lässt sich dabei weder von einem „No, gracias!“ noch von einer offensichtlich um 7.30 Uhr noch schlafenden Familie abhalten.

Insofern ist es eine neue Form der Offenheit und Herzlichkeit die uns hier begegnet, aber eben auch eine andere Form der Distanzwahrung. Darauf waren wir eingestellt und können gut damit umgehen. Lediglich Bennett nehme ich manches Mal aus der „Schusslinie“.

Um die Mittagszeit war diese Gasse leer, aber die Girlanden ein Vergnügen.

Interessant war für uns auch im Vorfeld die Frage nach dem Einkaufen und dem Essen.

Wir kaufen am liebsten in den kleinen Lädchen und Tortillerias ein, gehen aber für den großen Einkauf gern auch mal in den Supermarkt. Die Obstauswahl ist großartig, Gemüse ist vor allem in kleinen Läden manchmal nicht so einfach zu finden, vermutlich, weil es ohne ausreichende Kühlung einfach zu schnell vergeht.

Wir frühstücken Toast oder Tortillas mit Creme Cheese, Erdnussbutter, Marmelade, Honig oder Avocados, essen mittags meist nur eine Kleinigkeit – salzig oder süß – und kochen am Abend. Bewährt hat es sich, wechselweise Nudeln und Reis mit variierenden Saucen oder Beilagen zu kochen. Lenn von unseren schweizer Freunden hat dazu schon vermerkt, dass es bei uns ja immer Nudeln gibt. 😉 Aber nur so werden auch alle satt, denn ohne Ofen auf zwei Flammen ist das gar nicht so einfach…

manchmal gibt’s sogar Nutella

Die Mexikaner selbst mögen es gern auch in Fett gebacken und fleischhaltig – Chips, gebratene Hühnchen und Tacos mit Fleischfüllung kann man allerorts kaufen. An den Küsten gab es oft auch Fisch und Meeresfrüchte. Fertiges Essen kaufen oder ins Restaurant gehen ist im Verhältnis deutlich günstiger als zuhause, aber für uns nur selten die erste Wahl. Selbst kochen ist bei unserer Personenzahl einfach auch hier die günstigere Alternative.

eines der seltenen Vergnügen – Quesadillas nach der Wanderung

Was unsere Familienzeit betrifft, kommt uns Mexiko sehr zugute. Wir sind deutlich langsamer unterwegs, sind länger an einzelnen Orten und genießen es sehr, uns nicht mehr vom Wetter leiten lassen zu müssen. Die Sonne scheint, meist vom blauen Himmel, und an die steigenden Temperaturen gewöhnen wir uns Tag für Tag. Viele Reisende sagen, dass Mexiko das schönste der mittelamerikanischen Länder ist und das genießen wir. Der Weg von Guatemala nach Panama ist ist im Vergleich zu dem, was wir vorher gefahren sein werden nicht so weit und im Zweifelsfall mit beschleunigtem Tempo machbar.

Wenn ich es also für mich zusammenfasse, bietet Mexiko alles das, was ein Lieblingsreiseziel braucht – herzliche Menschen, gutes Essen, abwechslungsreiche wunderschöne Natur, geschichtsträchtige Orte und viel viel Sonne.

Ich weiß nicht, warum der Ruf des Reiseziels Mexiko so schlecht ist. Alles was innerhalb diverser Gruppierungen (Drogenkartelle o.ä.) abläuft, behelligt Touristen wohl eher nicht und das in Touristenhochburgen versucht wird, auch auf unkonventionelle Weise an das Geld des oft zahlungskräftigen Publikums zu kommen, halte ich für eine weltweit (nicht schöne aber) natürliche Entwicklung.

Und wenn ich mir überlege, was in den Reiseführern, Nachrichten und Zeitungen dieser Welt über meine geliebte Heimatstadt Dresden und den Umgang dortiger Gruppierungen mit Menschen anderer Nationen steht oder stehen könnte, verstehe ich, wie sehr die Medien unseren Blick einzutrüben vermögen.

2 Kommentare

  1. Hallo in die Runde,
    zu der Erkenntnis, dass die Medien unseren Blick eintrüben, kommt eigentlich jeder, der sich selbst mal mit viel Zeit und offenen Augen auf den Weg um die Welt gemacht hat. Da wird so manches Vorurteil schnell über Bord geworfen.
    Gute Reise weiterhin wünscht der
    Heinz

    PS: Gegen die täglichen Nudeln hätte ich auch nichts einzuwenden 😉

  2. Hallo Franzi +6 ich freue mich wieder über deine ausführlichen Berichte. Es ist schön zu spüren, wie du deine Selbstsicherheit wieder verlangst. Schön das es so ist. Wann geht’s jetzt wie weiter.
    Guatemala und Panama???.
    Wir haben heute ein neues Vorzelt gekauft, denn Pfingsten steht wieder an. Grüße an euch alle. J +E

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