In der Schule unserer Kinder habe ich, als es in einem Elternabend um das Thema „Schreiben lernen“ ging, gelernt, dass wir Menschen gehörte Wörter auf zweierlei Art verarbeiten – entweder sehen wir spontan eine Abfolge von Buchstaben (das geschriebene Wort) oder, wir haben ein Bild im Kopf.

Jetzt kann ich euch das Testwort leider nicht vorlesen, glaube aber, es funktioniert in dem Fall auch so: Was also seht ihr vor eurem geistigen Auge, wenn ihr KARIBIK hört???

Ich vermute, das Gros sieht ein Bild: weißen Sand, türkisblaues Meer und Kokospalmen. Dazwischen Hängematten, Salz auf der Haut, eine Piña Colada in der Hand, das Rauschen des Meeres,… Ok, ok, ich hör schon auf.

Ihr werdet schmunzeln, wenn ich euch sage, dass wir auch nach 300 km Karibikküste auf Yucatan noch davon träumten. Die Wahrheit im Mai 2019 sah so aus: starker Wind, hohe Wellen, zum Teil braunes Wasser auf den ersten zehn Metern, Seegras(berge) über dem weißen Sand und in Ufernähe im Wasser und der Geruch von modrigen Pflanzen und Schwefel in der Luft. Hatten wir da nicht ein anderes Bild im Kopf? Tja, manchmal sind Buchstaben besser…

Dennoch mussten wir nicht Trübsal blasen. Seit Ek Balam ist einiges an Zeit verstrichen und der größte Teil davon ohne Internet. Deshalb unsere längere Blog-Pause.

Los ging unsere Weiterfahrt damit, dass die Spurstangen des Autos eingestellt werden mussten. Die vielen Bodenwellen hatten ihren Tribut gefordert. Unser fahrender Monteur aus Ek Balam hat uns dafür zusammen mit Patty, Christian und den Kindern in eine Werkstatt ins 30km entfernte Valladolid gelotst und die Jungs haben mit großen Augen einer Schulstunde Automechanik beigewohnt.
Mit gerichteten Rädern steuerten wir anschließend das gut 100km entfernte Tulum an. Die hiesigen Maya-Ruinen liegen direkt am karibischen Meer, weswegen wir sie unbedingt anschauen wollten – das  Pendant zu Palenque im Dschungel.

Zunächst verbrachten wir aber drei Nächte auf einem Campingplatz etwas nördlich der Stadt, ignorierten das Seegras, sprangen über die Wellen, suchten nachts nach Schildkröten am Strand (leider erfolglos) und gaben der Karibik echt ne Chance. So ganz ins Herz schließen konnten wir sie dennoch noch nicht.

Guten Tag, Herr Nachbar! – riesige Einsiedlerkrebse teilten sich mit uns den Stellplatz

Dann besuchten wir Tulum und seine Maya-Stadt. Schon allein die Namen der Tempel verdienen es, hier genannt zu werden: Tempel des herabsteigenden Gottes, Tempel des Gottes des Windes, Freskentempel, das Schloss,…
Das war wirklich ein beeindruckend schöner Ort. Wenn ich ein Maya vor 1000 Jahren gewesen wäre, ich hätte mich schwer zwischen Palenque und Tulum entscheiden können…

beim Anblick der zahllosen Leguane auf dem Gelände kam Florentin irgendwann auf die Idee, dass die Mayas gar nicht weg sind, sondern nur verwandelt…

 

Karibik nächster Versuch: Nach dem Geschichtsunterricht fuhren wir weiter in den Süden – nach Mahahual – in der Hoffnung, hier nun endlich Bilderbuchkaribik zu erleben. Aber, der schöne Schein trügt auch hier – Wind, Schwefel und kein Badevergnügen. Obwohl es so schön aussieht…

unten im Gesamtkunstwerk war das Bad

Nachdem wir am nächsten Tag dann ordentlich durchgepustet waren, beschlossen wir ein bisschen schweren Herzens dann doch, das Meer zu verlassen und weiter zu fahren – zur Lagune der sieben Farben, die viele Reisende auf ihrer Route haben und, die uns in den letzten Wochen immer wieder empfohlen wurde.
Die Lagune Bacalar ist ein ca. 40km langer, recht schmaler See, der parallel zum Meer ca. 20km im Landesinneren verläuft.
Und wie es sich ergab, trafen wir hier nach langen langen Wochen endlich unsere schweizer Freunde wieder. Sechs Tage verbrachten wir miteinander und erlebten Süßwasser-Karibik, Kinderglück und blau in den schönsten Tönen.

Basteln für die Reisekasse: Augen Gottes, Kordeln, Ketten, Springseile

Verkaufsgespräch
vom Erlös wurden dann direkt wertvolle Lebensmittel gekauft 🙂
Vogelrettung: das eigentliche Nest war runter gefallen und so wurden die kleinen Vögelchen in eine Kokosnuss-Nest umgebettet und…
…im Baum, in der Nähe der Fundstelle wieder ausgesetzt.
endlich mal wieder ein Feuer zum Abbau der Marshmallow Vorräte
Wasser, Wasser, Wasser

Wir haben doch keine Zeit!
Angeln in der Morgensonne

Ach war das schön! Und weil wir die Schweizer Nachbarn so ins Herz geschlossen haben, haben wir uns am Tag der Abreise gleich noch mit einer anderen Freundin aus der Schweiz getroffen – Jacky, die wir in Merida kennen gelernt hatten. Auch dieses Wiedersehen war so voll Freude, dass wir statt eines Nachmittags gleich zwei Tage miteinander verbrachten.

Ein guatemaltekischer Verkäufer von Armbändern zeigt den Jungs sein Handwerk

Wandmalereien an einem Café in Bacalar

Und um die Suche nach der Bilderbuchkaribik noch abzuschließen, nehme ich euch mit nach Chetumal, zu unserer letzten Station in Mexiko und vielleicht unseren letzten Tagen mit den Schweizern. Unsere Wege trennen sich hier, kreuzen sich zwar noch mal, doch wir wissen nicht, ob wir zur gleichen Zeit an der Kreuzung stehen werden.
Wir sind jetzt also ganz im Süden von Yucatan, kurz vor der Grenze zu Belize. Die Karibik hier ist zumindest seegrasfrei, aber leider auch strandfrei. Wind und unruhige See sind geblieben. Für die Augen ist es dennoch ein Genuss, zum Baden gehen wir aber lieber in den Pool. Wir sind verwöhnt und merken, dass manch Besonderes zum Normalen geworden ist. Zeit für einen Wechsel? Vielleicht. Er wird kommen, ganz bald…

 

Ps.: Um den Kreis zu schließen: Was das Schreibenlernen betrifft, ist es für alle die leichter, die Buchstaben und damit die Idee des geschriebenen Wortes im Kopf haben. Die Kreativität liegt eher bei denen mit dem Bildergedächtnis. Das darf jetzt jeder für sich selbst herausfinden…

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