Temperaturen nachts nahe dem Gefrierpunkt und das zur Sommersonnenwende fast am Äquator, sechs Stunden Aufstieg über 1.200 Höhenmeter und dazu noch ein großes Loch in der Reisekasse. Warum tut man sich das freiwillig an?
Es begann mit zwei Beiträgen aus der ARTE-Mediathek über die aktiven Vulkane Guatemalas, welche die Kinder mit viel Enthusiasmus aufnahmen. Unterwegs berichteten andere Reisende vom Acatenango und in unserer iOverlander-App fanden sich zu diesem Thema einige Beiträge wie der von Familie Coste:
Best thing we ever did in 2 1/2 years of travel.
Wir haben in den letzten Monaten ja einige Dinge ausgelassen, die von den Online- und Offline Reiseführern hoch gehypt werden, wo aber die Langzeitreisenden einhellig sagen: Dort muss man nicht hin. Hier war es aber eher anders herum.
Also machten wir uns am 18.06. auf den Weg. Die Tour ist auf drei Tage ausgelegt. Am ersten Tag erfolgt die Anreise. Für diese Tour gibt es verschiedene kleine und größere Anbieter. Nach den Bewertungen und Gesprächen mit den anderen Reisenden war für uns letzlich nur ein Unternehmen infrage gekommen: ASOAVA, ein kleines Familienunternehmen.
Catalino, das Oberhaupt von ASOAVA, erzählte uns während des Abendessens in seinem Haus vom harten Anfang vor drei Jahren, als er seine sechsmonatige Ausbildung zum Bergführer machte und die Familie in dieser Zeit kein Einkommen hatte. Er versicherte uns, was auch mehr oder weniger offensichtlich war, dass das gesamte Geld hier in der Familie bzw. im Dorf bleibe, im Gegensatz zu den anderen großen Anbietern.
Aufstieg
Am nächsten Tag war frühes Aufstehen angesagt. Nachdem die anderen beiden Mitglieder unserer Gruppe, Louise und Brian aus England eingetroffen waren, wurden wir zusammen mit den beiden Bergführern die zwei Kilometer zum Fuße des Acatenango gefahren. Dort gesellten sich noch zwei Pferde und der Pferdeführer zu uns. Wir hatten ein Pferd geordert und das zweite hatte der Pferdeführer für sich selber dabei. Freundlicherweise stellte er aber auch das zweite Pferd die meiste Zeit den Kindern zur Verfügung.
Da die Pferde nicht für das Gepäck zur Verfügung standen, waren wir sehr froh, dass wir auf einen großen Teil der empfohlenen Ausrüstung verzichtet hatten, zu denen u.a. zählten: Vier Liter Wasser pro Person und auch Wintersachen (O-Ton: Die Handschuhe haben wir oben wirklich gebraucht).
Der Aufstieg dauerte fast sechs Stunden, wobei die letzte Dreiviertelstunde davon auf fast gleicher Höhe um den Berg herum führte. Interessant war, dass die Zeitangaben der Bergführer immer sehr exakt waren, die Höhenangaben dagegen nicht so sehr.
Fuego
Erst ganz gegen Ende des Aufstiegs bekommt man das erste Mal den Blick frei auf das eigentliche Ziel der Anstrengungen, nämlich den Fuego. Während der Acatenango als inaktiver Vulkan gilt, ist der Fuego höchst aktiv. Er spuckt viele Dutzend Male am Tag Asche, Rauch und Lava.
Am frühen Nachmittag erreichten wir dann das Basislager auf exakt 3.600 Metern Höhe.
Die Lava ist aufgrund der Lichtverhältnisse nur nachts gut zu sehen, weswegen die Übernachtung auf dem Acetenango ein wichtiges Element des Abenteuers ist. Ob man allerdings etwas zu sehen bekommt, hängt wesentlich auch vom Wetter ab, da in Guatemala gerade Regenzeit ist. Freunde von uns waren eine Woche vor uns oben hatten oben viel Regen und nachts ein Zeitfenster von 15 Minuten mit freiem Blick auf den Fuego. Wir befürchteten Ähnliches, als es am Nachmittag zuzog.
Gerade mit beginnender Dunkelheit zog es jedoch auf und wir hatten eine komplett klare Nacht.
Die Nacht bot ein wirklich faszinierendes Schauspiel. Vor uns stand in ausreichender Entfernung über Stunden hinweg eine Gewitterfront, während rechts neben uns der Fuego Feuer und Lava spuckte.
Der Morgen danach
So actionreich die Nacht verlief, so ruhig und trotzdem atemberaubend war der Morgen.
Nach dem Frühstück auf dem Berg begann der anstrengendste Teil des Abenteuers, der Abstieg. Die insgesamt 1.200 Höhenmeter bergab, steil und großenteils auf sandigem Untergrund waren zumindest für uns Erwachsene mit schwerem Gepäck deutlich anstrengender als der Aufstieg, so dass am Ende oft die Beine einfach das Gewicht nicht mehr tragen wollten.
Glücklicherweise kam jedoch niemand zu Schaden, so dass wir gegen Mittag erschöpft am Haus von Catalino ankamen und das Abenteuer in netter Runde endete, wie es begonnen hatte.