Adiós, du schönes Land voller Überraschungen! Sechs Wochen wollten wir bleiben, fünf Monate sind es geworden. Wir haben deine schönen Seiten kennengelernt, aber auch Manches, das uns nachdenklich stimmt. Wir konnten ein bisschen hinter deine Kulissen schauen. Waren gern abseits der Touristenströme mitten unter deinem liebenswerten Völkchen. Danke für diese schöne Zeit und bis zum Wiedersehen!

Kurz zusammengefasst: Mexiko hat uns überrascht und begeistert und zum Wiederkommen eingeladen.

Ich hab kürzlich ein Buch über Mexiko entdeckt, das kein Reiseführer, sondern ein Länderportrait ist und in dem so spannende wie unglaubliche Dinge stehen, dass ich einige gern mit euch teilen möchte. Vieles davon hatten wir, sozusagen nebenher, wahrgenommen, ohne es konkret zu benennen. Vielleicht macht euch dieser kleine Exkkurs auch fernab von Mexiko genauso viel Freude wie uns…

Mexiko gehört zu den fünf Ländern mit der größten biologischen Vielfalt. Nahezu alle Klima- und Vegetationszonen der Erde sind vertreten – von Wüsten bis zu Urwäldern, von Korallenriffen bis zu Gletschern.
Außerdem verfügt Mexiko über eine erstaunliche kulturelle Vielfalt: rund achtzig verschiedene Ethnien mit sechzig eigenen Sprachen leben hier, es gibt Millionenstädte und Urlaubsparadiese, moderne Wolkenkratzer und jahrtausendealte Pyramiden, abgeschirmte Villenviertel und staubige Barackensiedlungen. Alle mit der entsprechenden Buntheit an Menschen.

 

Ein Mexikaner verzehrt im Durchschnitt ganze 70 Kilogramm Tortillas pro Jahr – das ergäbe einen beeindruckenden Stapel von etwa sieben Metern Höhe. Aneinandergelegt reichen die Tortillas, die 130 Millionen Mexikaner an einem einzigen Tag verdrücken, mehr als fünf Mal um den Äquator. Mit einer Jahresration könnte man eine zweispurige Autobahn zum Mond bauen, und in tausend Tagen ganz Mexiko mit seinen rund 2 Millionen Quadratkilometern einmal vollständig zupflastern.

Zu allem, was man aus oder zu Tortillas bereiten kann, lieben die Mexikaner ihre scharfen Salsas. Der Klassiker ist die Salsa Mexicana in den Nationalfarben grün, weiß und rot:

2 Chilischoten (Jalapeños)
1 kleine Salatzwiebel
2 Tomaten
1 Zitrone

Zwiebel und Chilischoten hacken, Tomaten in kleine Würfel schneiden, Zitronensaft zugeben – fertig!

Die Mexikaner lieben es aber ebenso süß. Für uns war es eine Freude, immer mal wieder süße „Stückle“ zu kaufen, die uns doch sehr an Stuttgart erinnert haben. Sogar „Schweineohren“ mit und ohne Schokolade gab es hier. Allerdings sind auch Dinge gesüßt, von denen wir es nicht kennen – Cornflakes und Naturjoghurt zum Beispiel. Für die Mexikaner hat der große Zuckerkonsum allerdings fatale Folgen, die wir so nie erwartet hätten.
Zum Beispiel ist Wasser seit jeher nur etwas für Hunde und Katzen. Schon immer wird das Wasser mit einem Geschmack versehen – früher einfach mit etwas frisch gepresstem Saft. Heute (seit dem Beitritt zur NAFTA MItte der 90er Jahre) trinken die Mexikaner lieber Limo und Cola – 180 Liter pro Kopf und Jahr. Damit liegen sie weltweit auf Platz zwei und haben Amerika zumindest beim Konsum von Cola bereits überholt.
Jeder Mexikaner isst pro Jahr mehr als 50 kg Zucker – 15 kg mehr als die Deutschen und dreimal so viel, wie von der WHO „empfohlen“. Das führt leider unweigerlich zu einem fatal übergewichtigen Volk: mehr als 70% der Bevölkerung sind übergewichtig und 40% aller fünf- bis elfjährigen sind übergewichtig oder fettleibig. Das sieht man im Straßenbild – Ursache und Wirkung. Kleine Lädchen oder Verkaufsstände an jeder Ecke, mit allem was ungesund ist und dick macht, gern in handlichen Größen für die kleine Pause zwischendurch und dicke Menschen überall. Dabei hab ich noch nie in meinem Leben so hemmungslos frisches Obst und Gemüse schlemmen können…

Die Einkommensunterschiede sind in Mexiko so groß wie in fast keinem anderen Land der Welt. Ein Oberrichter an einem mexikanischen Gericht zum Beispiel verdient im Monat etwa 100.000 Pesos (knapp €5.000), was 25x soviel ist, wie seine Sekretärin verdient. Sprich, er verdient in zwei Wochen so viel, wie sie in einem Jahr und in einem Jahr fast so viel, wie sie in ihrer geamten Lebensarbeitszeit. Der mexikanische Mindestlohn liegt bei €4,50 – pro Tag!

In den USA leben mehr als 30 Mio. Mexikaner, ein Drittel davon illegal. Trotz des zunehmenden Rassismus und der Diskriminierung, ist die Wirtschaft der Vereinigten Staaten ohne Mexikaner kaum denkbar. Illegale verdienen 30 Prozent weniger als andere, arbeiten bis zu 70 Stunden pro Woche, bekommen keinen Zuschlag für Überstunden, haben keinen Anspruch auf Sozialleistungen und kosten Arbeitgeber pro Jahr rund 10 000 Dollar weniger als reguläre Arbeitnehmer. Trotzdem sind viele Mexikaner dankbar, überhaupt arbeiten zu können.
Aber auch die amerikanischen Verbraucher profitieren: Wenn sie im Supermarkt billiges Obst und Gemüse kaufen, dann vor allem deshalb, weil die Hälfte aller in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeitskräfte illegale Einwanderer sind (in Kalifornien sind es sogar 80 Prozent der Obstpflücker) und für einen Hungerlohn arbeiten. In amerikanischen Restaurants stammt das schlecht bezahlte Personal – von den Spülkräften bis zu den Köchen – überwiegend aus Mexiko. Wenn es keine Nachfrage nach ihrer Arbeitskraft gäbe, dann würden die Mexikaner vermutlich keinen Fuß über die Grenze setzen; aber über 90 Prozent finden gleich nach ihrer Ankunft eine Arbeit.
Man könnte diese Situation auch so zusammenfassen, wie der Journalist Victor Ronquillo: „Mexiko exportiert Arme, die der reichsten Volkswirtschaft der Welt als billige Arbeitskräfte dienen. Diese Armen schicken pro Jahr mehr als 25 Milliarden Dollar nach Hause, mit denen sie ihre Familien ernähren, ihre Häuser instand setzen und einer todgeweihten Wirtschaft neues Leben einhauchen. Nach dem Erdöl sind die Armen der Exportschlager Mexikos.“
Was soll eine Mauer daran ändern, Herr Trump?

Es bleiben noch andere Fragen offen. Unsere größte ist die nach dem zukünftigen Umgang mit dem Müll. Zuhauf werden Einweg-Plastiktüten verwendet und kein Mexikaner kommt wie wir auf die Idee, für seinen Einkauf die Beutel mitzubringen. Manches Mal hatte ich das Gefühl, dass die Kassiererin uns kurz missbilligend anschaut, weil ihr Kollege am Ende des Fließbands, der Tütenpacker, nun unsere Beutel auseinanderfriemeln muss. Überall liegt Müll herum – im Straßengraben, auf den Wiesen, im Garten, vor den Häusern,… Getrennt wird sowieso nicht und Flaschen werden gern einfach auf den Boden geworfen. Ach, und übrigens, der Rauch kommt vom Nachbarn, der gerade seinen Müll im Hof verbrennt. Alle Welt spricht von den großen Plastik-Strudeln in den Weltmeeren und Mexiko wird gleich von zwei Seiten von Ozeanen begrenzt. Doch vom kollektiven Umdenken ist man hier scheinbar noch sehr weit entfernt. Da braucht es noch viel Pionierarbeit, Bildung, know-how und eine Politik, die sich nicht nur um sich selbst dreht.

Das Schöne für uns ist, dass wir Nachrichten aus Mexiko zukünftig mit anderen Ohren hören werden. Das uns die diffuse Angst genommen wurde und wir erleben durften, wie fröhlich und friedlich der, ich gehe davon aus, größte Teil der Mexikaner miteinander lebt. Die Dinge, von denen berichtet wird, passieren, uns sind sie nicht oder nur in der „Light-Version“ begegnet und wir hoffen, dass wir uns auf unserem weiteren Weg durch Zentralamerika ebenso sicher und willkommen fühlen, wie in Mexiko.

¡Adiós, México!

Für uns geht es nun durch Belize in Richtung Guatemala weiter. Ich wage es diesmal nicht, mir im Vorfeld zu überlegen, wie lang wir da wohl bleiben werden. Da kann ich nur daneben liegen…

5 Kommentare

  1. Hallo Ihr lieben Sieben,
    es freut mich sehr, dass Ihr weiterhin so glückliche Tage in Mexiko verbringen konntet. Zwar glaubte ich, Ihr wäret bereits seit mindestens einer Woche in Belize, aber ich verstehe gut, dass Euch Mexiko so sehr begeistert und nicht loslassen möchte. Ich wünsche Euch auch in den folgenden Ländern ebensolche interessanten Erlebnisse und Begegnungen.
    An Bennett geht heute mein ganz besonderer Gruß. Ich gratuliere ihm sehr herzlich zum Geburtstag und wünsche ihm vor allem immer Gesundheit und weiterhin recht viele kindliche Urlaubs-Erlebnisse und -Erfahrungen und eine unbeschwerte glückliche Zeit in der fernen und vielleicht auch manchmal etwas ungewohnten Welt. Auch wünsche ich ihm, dass er immer verständnisvolle Spielkameraden findet.
    Herzliche Grüße an alle sieben und die besten Wünsche für eine komplikationslose Weiterreise und ganz viele weitere tolle Erlebnisse
    sendet Euch Dietmar

    1. Lieber Dietmar, zwischenzeitlich sind wir auch schon ein paar Tage in Belize.
      Vielen Dank für deine (Geburtstags-)Grüße. Wir hatten einen gemütlichen Tag und einen vergnügten Bennett an unserer Seite 😃 Ganz liebe Grüße von uns an dich zurück 🤗

  2. Oh, liebe Franzi! Wie schön, ihr wart in Mexico! Ich habe es ebenfalls so sehr genossen dieses wunderbare Land&Leute. Ich hoffe, es geht euch allen gut. Wir denken an euch und grüßen aus Stuttgart! Arzu und Mael

    1. Hey ihr lieben, große Freude haben eure Grüße hier ausgelöst 😁 Habt schöne Pfingstferien und seid auch liebst gegrüßt 😘

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert