In Guatemala hatten wir eine Entscheidung zu treffen, die wir schon einige Zeit vor uns herschoben: Auf welchem Weg gelangen wir gut, sicher und stressfrei von Guatemala nach Nicaragua?

Das schien nicht einfach. Es gibt zwei Möglichkeiten, die aus dem Blickwinkel der heimischen Komfortzone beide nicht sympatisch erschienen: entweder östlich „nur“ durch Honduras oder, entlang der Panamericana auf der Pazifikseite duch El Salvador und Honduras. Unweigerlich also durch eines oder zwei der gefährlichsten Länder der Welt. So zumindest sagt es die Statistik.

In Antigua nun ließ sich die Entscheidung nicht mehr aufschieben. Also versuchten wir uns, befreit von der Komfortzone, ein realistischeres Bild zu machen. Lasen Blogs und Berichte anderer, aktuell reisender Overlander und unterhielten uns mit denen, die wir persönlich trafen. So kamen wir schnell zu der Entscheidung, dass wir durch beide Länder fahren und mehr noch, dass wir vor allem in El Salvador auch gern mehr Zeit verbringen wollen. Immer wieder begegneten uns Berichte, in denen Reisende erzählten, wie schön das Land und wie offen und herzlich die Menschen hier sind. Wir bekamen also Lust und Mut, uns auch darauf einzulassen und betrachteten El Salvador ab sofort als Bonus-Land unserer Reise.

Der Weg von Antigua bis zur Grenze wurde ziemlich herausfordernd. Wir mussten erneut auf der Schnellstraße 1 durch Guatemala-Stadt. Könnte einfach sein – immer auf der gleichen Straße bleiben. Ja, in Europa vielleicht, nicht in Mittelamerika… Wir schafften es wieder und wieder, auf unerklärliche Weise, die 1 zu verlassen, um uns wegen des ständigen U-Turn-Verbots im rechts und wieder rechts und noch mal rechts abbiegen zu versuchen und so auch die entlegensten Stadtteile kennen zu lernen. Schlussendlich kam auch noch Regen dazu und unser restliches Geld wollte auch noch im Supermarkt umgesetzt werden. Wir brauchten eine Pause. Da kam das Einkaufszentrum mit McDonalds und Lebensmittelgeschäft genau richtig.
Wir füllten also unsere Akkus und den Vorratsschrank noch mal auf, bekamen schlussendlich die Bananen geschenkt, weil das Überschlagen des Gesamtbetrags beim Beladen des Wagens eben doch nur in etwa stimmte (ein paar Quetzales haben gefehlt) und machten uns wieder auf den Weg.

Der Grenzübergang

Für uns nicht mehr geübte europäische Bürger des Schengen-Raums ist jeder Grenzübergang ein neues Abenteuer. Hier kommt noch dazu, dass wir uns immer wieder trennen müssen – Marko kümmert sich um das Auto, die Jungs und ich passieren die Grenze als Fußgänger – und, das unsere trilinguale Verständigung (englisch, spanisch, Hände-und-Füße) das Ganze oft nicht vereinfacht. Wie gut, dass unsere Kinder jedes Beamten-Herz zum Schmelzen bringen und plötzlich Türen aufgehen, die vorher aus „hier kommt keiner einfach so rein“-Gründen fest verschlossen schienen.
Der einfachere Teil ist in der Regel die Ausreise. Der Beamte schaut jedem einmal in die Augen, macht seinen Stempel in die Reisepässe und händigt uns in diesem Fall ein kleines Papierchen aus, das wir, wie wir zum Glück aus der iOverlander wussten, hüten müssen, wie unseren Augapfel. Dann werden noch die Papiere des Autos gecheckt – Nummernschild, Fahrzeugummer, Halter, etc. – und viele Kopien für die Ablage produziert. Während Marko zwischen Kopierer, Auto und Beamten hin und her flitzt, fängt mich eine Dame mit Tablet ab und startet eine Umfrage zu unserem Aufenthalt in Guatemala. Als dann auch das, einschließlich Gruppenfoto, fertig ist, fahren wir hundert Meter weiter und wicklen die Einreise nach El Salvador ab.
Die Sonne geht langsam unter. Wieder werden Kopien benötigt und wieder öffnen unsere Kinder die Herzen und wir bekommen alle erdenkliche Hilfe der Mitarbeiter. Und außerdem noch eine Handvoll Bonbons und Lollis, um uns die Wartezeit zu versüßen. Mit einem kurzen ernsten Blick wird unser Auto durch jede Tür einmal inspiziert und die Fracht als unbedenklich eingestuft.
Beim letzten Posten dann, als wir schon beim Verlassen des Grenzbereichs sind, müssen wir auch das kleine Papierchen – ihr erinnert euch – wieder abgeben. Wir haben es zum Glück gut gehütet.

zwischen Aus- und Einreise im Niemandsland

Die ersten Nächte in El Salvador

Eigentlich waren wir während des Prozederes an der Grenze nur so entspannt, weil wir wussten, dass es bereits nach wenigen Kilomtern einen Stellplatz bei Thermalquellen gibt, den wir uns zutrauten auch im Dunkeln zu erreichen, wenngleich ein mulmiges Gefühl bei mir immer bleibt, wenn wir hier im Dunkeln fahren müssen.
Endlich am Ziel, war – oh Schreck – ein großes blaues, verschlossenes Tor im Weg. Glücklicherweise gab es einen Nachtwächter, der sich nach einigen Minuten, während wir noch nach einer Klingel oder Telefonnummer suchten, zeigte und uns das Tor öffnete. Als die einzigen Gäste hatten wir freie Platzwahl und durften sogar die heißen Pools noch am Abend nutzen. Und während wir uns noch gedanklich auf Abendessen und Abendbaden vorbereiteten, brach das bis dato größte Regenzeit-Gewitter über uns herein. So nah, so laut und so nass hab ich noch nie ein Gewitter erlebt. Was für ein Geschenk, dass wir angekommen waren, ein Dach hatten und die Zelte noch verpackt waren. Die Jungs waren so glücklich, dass sie immer wieder betonen mussten, dass die simplen Käsesandwiches noch nie zuvor so lecker geschmeckt haben.

Am nächsten Tag steuerten wir nach dem Morgenbad im heißen Thermalwasser San Salvador an. Bei Instagram – wo wir neuerdings auch zu finden sind – hatte ich gelesen, dass es dort eine Klinik gibt, wo man an zwei Tagen in der Woche auch als Ausländer kostenlos eine Gelbfieberimpfung bekommt. Diese fehlte uns für Afrika noch. Also entschieden wir kurzfristig, dass wir zumindest hinfahren und versuchen, es den #southboundseahags gleich zu tun.
Auf dem Weg kamen wir durch Santa Ana, wo wir im mittäglichen Trubel auf dem Marktplatz etwas zum Mittag snackten – insbesondere die Jungs hielten sich dabei an das landestypische Essen 😉

die Kathedrale von Santa Ana
sehr typisch für Central America – Wahlwerbung auf Hauswänden (gern auch zusätzlich mit dem Konterfeit der Kandidaten)

In San Salvador standen wir für eine Nacht in einem Park, der normalerweise zum Radfahren und Wandern einläd, für uns aber nur einen geschickten Platz nahe der Klinik bot, wo wir morgens recht früh sein wollten. Insbesondere die Sanitären Anlagen luden auch nicht unbedingt zum Wiederkommen ein. Insofern packten wir morgens unsere Zelte wieder zusammen und fuhren zur Klinik.

Gelbfieberimpfung mit Abenteuer-Bonus

Wir wurden empfangen von einem jungen Mitarbeiter, der sich später noch zu unserem Englisch-Dolmetscher entwickeln sollte, uns aber zunächst mit den Worten „Ihr könnt am Freitag, am besten vor sieben, wiederkommen und euch in die Schlange einreihen.“ begrüßte. Als ich ihm kurz geschildert hatte, dass wir mit dem Van reisen und einen Campingplatz brauchen und vor sieben wahrscheinlich auch am Freitag nicht würden da sein können, weil wir ja sieben Personen sind usw., verschwand er nach drinnen, um sich kurz mit der Krankenschwester abzustimmen. Diese wollte anschließend uns sehen, brauchte Kopien von unseren Pässen und den Unterlagen des Autos und ließ uns dann tatsächlich vor dem Zimmer Platz nehmen. Und so fand ich mich, gefühlte 35 Jahre zurückversetzt, vor dem Impfraum einer Kinderstation wieder. Irgendwie erinnerte alles an den Charme einer DDR-Polyklinik.
Große Augen schauten uns von überall an und irgendwann war dann auch das Eis bei der Oberschwester des Impfteams gebrochen. Mit unserem Dolmetscher und noch einer jungen Ärztin, die auch Englisch sprach, konnten alle Fragen geklärt werden und wir bekamen alle unsere Impfung. Zum Abschluss machte eine der Schwestern sogar noch ein Foto von uns und ich bin sicher, wir waren an diesem Abend in einigen Haushalten das Gesprächsthema des Abendessens.

grad so überlebt…

Eine Zusage, die wir für die Impfung machten, war, dass wir für mindestens zehn Tage in El Salvador bleiben, um eventuelle Nebenwirkungen abzuwarten. Zunächst dachte ich, dass wir das ja vielleicht ein bisschen verkürzen können, aber nachdem die Jungs mir klar gemacht haben, dass sie eine solche Unehrlichkeit nicht dulden, entspannte ich mich bei dem Gedanken, dass wir wieder länger als erwartet in einem Land bleiben würden.

So fuhren wir ans Meer, wo wir nach vier Nächten auf der Rancho Carolina in El Sunzal, schließlich auf der Hammock-Plantation (zu deutsch: Hängemattenplantage) in El Palmercito landeten. An diesem wunderschönen Ort sollten wir – in der Hängematte liegend – nicht nur die Nebenwirkungen der Impfungen abwarten, sondern auch zwei Geburtstage feiern. Doch dazu dann im nächsten Blogbeitrag…

Bilder von El Sunzal

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