Wir sitzen im Bus, der uns von León zurück ans Meer nach Las Peñitas bringen wird. Noch steht er. Es ist heiß. Die Füße sind nach einem Tag in der Stadt müde, der Kopf ist voll mit Eindrücken. Ich schließe meine Augen. Ich höre laute spanische Tanzmusik aus den Boxen des Busses, die Teenie-Schulmädchen hinter mir lachen miteinander und singen mit; eine Frau grüßt eine andere, quer durch den Bus; Händler laufen durch und preisen laut die Waren in den Körben auf ihren Köpfen an – Wasser, Kuchen, Tortillas. Wir fahren los. Der Fahrtwind bläst durch die offenen Fenster und kühlt mich ab. Es fühlt sich wohlig an. Der Busfahrer wählt die Musik und bestimmt den Takt, in dem seine Mitfahrer mit den Füßen, Köpfen oder Gedanken wippen. Kein Stress. Freude! So füht sich Nicaragua an. Ein bisschen wie verliebt sein.

Nach unserer ersten Nacht unmittelbar hinter der Grenze, fahren wir am nächsten Tag wieder ans pazifische Meer. Dabei kreuzen wir bereits León, das wir später noch besuchen werden. In Las Peñitas steuern wir gezielt ein Hostel an, wo wir im Garten einen schattigen Stellplatz finden, der sich in den kommenden Tagen als sehr kostbar erweisen wird. Und, wir hören wieder das Meer rauschen.

Auf der Terrasse des Hostels steht ein großer Mangobaum. Täglich fallen viele der köstlichen Früchte direkt vor unsere Füße – dem Valentin will eine direkt in den Mund springen und landet auf seinem Kopf. Nicht ganz ungefährlich stellen wir fest, wobei bei Valentin bis heute kein ernsthafter Schäden zu verzeichnen ist.

Wir sind oft am Strand und im Wasser – Ebbe, Flut, Sonnenuntergang, Bodyboarden, Surfen, Muscheln sammeln, Angeln. Marko macht leider die schmerzhafte Erfahrung, dass so ein Stachelrochen kontaktscheu ist und unmissverständlich zu verstehen gibt, wenn man ihm zu nahe kommt. Er sticht und injiziert sein schmerzhaftes Gift. Mit einem sofortigen heißen Fußbad bekommt man den Schmerz aber gebändigt und zurück bleibt, wie bei einem Bienenstich, eine Schwellung mit Druckempfindlichkeit, die gut abheilt. Danach gehen die Jungs nur noch mit Badeschuhen ins Wasser. Leider sind unsere Bestände nicht mehr vollständig, sodass ich an die Rochen appellieren muss, sich nicht im flachen Wasser aufzuhalten. Es passiert zum Glück nichts mehr, abgesehen von ein paar Surfer-Blessuren in Form von Aufschürfungen, blauen Flecken und einem zerrissenen Badeshirt.

León

Mit dem „Chicken-Bus“ fahren wir einen Tag nach León. Eine weitere Kolonialstadt auf unserer Route. Wir besichtigen die größte und älteste Kathedrale Mittelamerikas, die Basilica de la asunción. Der Höhepunkt hier ist die Dachbesteigung – mal nicht der Turm, nein, das Dach mit vielen kleinen barocken Türmchen und schönen Ausblicken über die Stadt und die umliegenden Vulkane. Wir können sogar den Vulkan ausmachen, der einst das „Alte León“ bei einem Ausbruch verschüttet und dafür gesorgt hat, dass die Stadt an ihrer heutigen Stelle neu aufgebaut wurde. Im Inneren der Kirche befinden sich einige Grabstätten bedeutender „Kinder der Stadt“. So auch die von Ruben Dario, dem wohl berühmtesten Dichter Nicaraguas. Ein trauriger Löwe bewacht seinen ewigen Schlaf.
Ein paar Straßen weiter essen wir ein Touri-Eis zum Touri-Preis. Sehr trendy und hübsch, aber leider zu teuer, um auch noch eine zweite Sorte zu probieren. Aber, egal, Blaubeer-Lavendel war großartig! MEINE Sorte!

Überall in der Stadt sehen wir Löwen – nomen es omen. Und im Parque central treffen wir einen Nicaraguaner, der neben seiner Muttersprache noch sechs weitere Sprachen spricht, u. a. auch deutsch. Er erzählt uns von den Landsleuten, die in den 80er Jahren in die DDR gegangen sind, weshalb es viele gibt, die mehr oder weniger gut deutsch sprechen. Immer mal wieder versucht sich einer im Gespräch mit uns.

Leider nehmen wir aus León auch eine Magen-Darm-Verstimmung mit, die uns ein bisschen ausbremst. Wir hatten ja nicht erwartet, ganz ohne durchzukommen, deshalb können wir das mit Fassung tragen und überstehen die grummelnden Tage nacheinander.

Die Kathedrale

Eisvergnügen

Alltägliches

Im Hostel stellt sich bald die übliche Routine ein. Wir wissen, wo was ist und wo es was zu kaufen gibt. Obst gibt’s wieder frei Haus geliefert. An manchen Tagen sind wir die einzigen Gäste, dafür gibt es zahlreiche Volunteers (Helfer, die gegen Logis, manchmal auch Kost, arbeiten und sich so das Weiterreisen finanzieren). Unter ihnen sind auch Anina und Niklas aus Landsberg, mit denen wir immer wieder Momente des Austauschs finden und von denen wir nach einer Kostprobe ein sehr leckeres Mango-Chutney-Rezept verraten bekommen. Passend zum Ort.

Beim Kochen werde ich Fan von Bob Marley. Zu seiner Musik lässt es sich einfach herrlich im Topf rühren. Und überhaupt ist die Musik Mittelamerikas eine absolute Entdeckung für uns. Das begann schon in Mexiko, wo wir gern auch unfreiwillig Teil der mexikanischen Wochenendbewegung wurden, bei der es Mann und Maus nach draußen zog, um das Leben zu feiern. Con musica…

Bei einem der zahlreichen Gewitter passiert es Marko, der mit dem Fahhrrad noch kurz was einkaufen will, dass zehn Meter vor im der Blitz in den Ableiter des Strommasts einschlägt. Ein Mann neben ihm springt vor Schreck schnell ins Haus und Marko ist froh, schlussendlich nur nass geworden zu sein…

Nach zehn Tagen dann merken wir, dass es Zeit wird, Abschied zu nehmen. Mit „Taccos a la Hostel Caracolita“ verfeinern wir uns den letzten Abend und fahren am nächsten Tag weiter zum Volcan Masaya, wo wir einmal mehr Zeuge dessen werden, was da unter der Oberfläche brodelt…

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