Die Welwitschia mirabilis
Die Sonne brennt. Es ist heiß. Sehr heiß. Die Straße – man könnte sagen Waschbrettpiste oder besser noch Buckelpiste – fordert Nerven, stabile Mägen und eine bessere Fixierung des Fahrzeuginhalts, als wir sie haben. Es holpert und poltert, die Schiebetür springt ein ums andere Mal auf und wir sind irgendwann kurz davor, umzukehren und unsere Botaniklektion mit Wikipedia zu beenden. Doch einmal mehr behält Marko die Nerven und bringt uns zum Ziel: dem Welwitschia-„Feld“ im Namib-Naukluft-Nationalpark.
Wir, also insbesondere Marko, Loris und ich, sind beeindruckt. Was für eine spannende Pflanze. Der Rest der Familie muss sich von der Autofahrt erholen und kann den Augenblick nicht so genießen, wir dafür um so mehr.
Uns weht der Wüstenwind ordentlich um die Nase und wir „wandern“ von der einen Pflanze zur nächsten. Die Welwitschia kommt hier in der Namib endemisch – also nur hier – vor und ist benannt nach ihrem Entdecker, dem österreichischen Arzt und Botaniker Friedrich Welwitsch.
Das hier überhaupt etwas wächst, ist bei 35mm Niederschlag und einem vielfachen davon an jährlicher Verdunstung ohnehin schon ein Wunder, aber es wird noch verrückter: Die ältesten Exemplare werden auf bis zu 2000 Jahre geschätzt und die Botaniker gehen bis heute von einem evoutionären Fauxpas aus, denn die Pflanze trägt keine bisexuellen Blüten, sondern es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Glücklicherweise hat man einige für uns markiert. Es ist grad keine Blütezeit, also wäre uns das Unterscheiden nicht ganz so leicht gefallen.
Für die Fortpflanzung sind, so die Annahme, hauptsächlich Wanzen zuständig, vielleicht auch Wespen und der Wind. Aus den 10.000 bis 20.000 Blüten pro Pflanze und Jahr entstehen nur 20 bis 200 keimfähige Samen. Diese können einige Jahre überleben und nur dann, wenn es mal stärker regnet, entstehen neue Pflanzen.
Ein verrücktes Wunderwerk und damit nicht jeder drüber trampelt, sind Steinkreise um die einzelnen Pflanzen gelegt, die nur die Wanze betreten darf.
Alles hat seinen Preis
Leider haben die in Summe 100km Sand- und Buckelpiste auch einen sehr tragischen Tribut gefordert, wie sich im Nachhinein herausgestellt hat: den Fotoapparat. So eine Spiegelreflexkamera ist einfach mit zuviel Mechanik ausgestattet, die dieses Geholper offensichtlich nicht immer gut übersteht. Unterwegs ist beim Fotografieren der Spiegel hängen geblieben und alle Versuche, zusammen mit dem Support von Nikon eine Lösung zu finden sind gescheitert. Leider ist Namibia eines der Länder, wo es keinen Werkstattservice gibt. So muss ich mit der Reparatur warten, bis wir wieder in Deutschland sind und kann solang nur noch mit dem Smartphone fotografieren. Schade, sehr schade!
Auch mein Fotokurs muss solange pausieren.
Ein paar Bilder noch von unserem Zwischenstopp in der Oase Goanikontes:
Wunderpflanze II: Lichen
Bereits auf dem Weg zu den Welwitschien hatten wir von den Lichen gelesen, aber erst eine Woche später sollte sich uns erschließen, was genau es damit auf sich hat.
Eigentlich heißt Lichen nichts anderes als Flechte, aber wusstet ihr, das eine Flechte eine Lebenspartnerschaft zwischen einem Pilz und einem oder mehreren Photosynthese betreibenden Partnern ist? Wir nicht…
In diesem Fall, hier in der Namib, ist es ein Pilz und eine Grünalge, was aufgrund der Nähe zum Meer irgendwie logisch erscheint.
Spannend fanden wir die Erkenntnis, das die Lichen hier nur sehr sehr langsam (einen bis wenige mm pro Jahr) wachsen und wir deshalb im Namib-Naukluft-Nationalpark die Wege der Ochsenkarren noch ausmachen konnten, die bis Mitte des letzten Jahrhunderts genutzt wurden.
Da das Thema hochwissenschaftlich ist und mir das Eis, mich botanisch, biochemisch oder physikalisch korrekt auszudrücken zu dünn ist, lest lieber hier bei Wikipedia nach, wenn ihr mehr wissen wollt…