Von Uis fahren wir zum Brandbergmassiv. Unser Weg dorthin ist mit 42km eher kurz, aber wie schon des öfteren hier im südlichen Afrika hat meine Karten-App maps.me größere Schwierigkeiten und weist uns darauf hin, dass wir dafür sieben Stunden benötigen werden. Mit dem Fahrrad wären wir wohl in vier Stunden am Ziel. Wir wagen es dennoch, das Auto zu nehmen und werden wohl nie erfahren, warum wir die Vorgabe um über fünf Stunden unterboten haben.

Die Straßen sind namibisch – Schotter, mal besser mal schlechter. Dank unserer neuen Stoßdämpfer bleibt der Inhalt der Gepäcknetze zwar weitestgehend an Ort und Stelle, aber es rüttelt uns dennoch ordentlich durch. So sind wir froh, als wir die Brandberg White Lady Lodge am Rande des Brandbergmassivs erreichen, die uns zur Erfrischung sogar einen Pool verspricht, den auch die Camper nutzen dürfen.
Die Dame an der Rezeption erzählt uns, dass heute gerade die Wüstenelefanten über den nicht umzäunten Campingplatz gelaufen sind, die hier im trockenen Flussbett des Ugab-Rivers leben. Wir sehen tatsächlich auch ihre frischen Hinterlassenschaften, die Elefanten selbst sind aber schon weiter gezogen. Schade!
Die Jungs machen sich direkt auf den Weg zum Pool der Lodge-Anlage. Hier sind wir nicht die einzigen, denn es ist das erste Wochenende nach der Aufhebung der Reisesperre für die Swakopmunder und weil die Lodge von dort in gut erreichbarer Entfernung liegt, sind noch viele andere Familien da. Nach kurzer Irritation darüber springen wir dann aber dennoch alle ins kühle Nass.

Der „White Lady“ auf der Spur

Die „Weiße Dame“ als zentrale Figur des Gesamtbildes (das insgesamt noch viel geößer ist)

Sie, eine der berühmtesten Felsenmalereien der Welt, war der eigentliche Grund unseres Abstechers zum Brandbergmassiv. Im iOverlander – unserer zuverlässigen Reiseapp seit Kanada – war beschrieben, dass der Weg gut machbar sein und sich lohnen soll. Mit Guide läuft man in ca. zwei Stunden 2,5km in die sogenannte Tsisab-Schlucht bis zur Felszeichnung hinein und wieder zurück. Ob jemals jemand im dritten Trimester einer Schwangerschaft bei 38°C diese Tour gemacht hat, wussten wir natürlich nicht, das sollte mich aber auch nicht davon abhalten. Wenn ich vorher gewusst hätte, was ich hinterher wusste, vielleicht hätte ich dann… Naja, vielleicht wär ich trotzdem mitgegangen, denn gelohnt hat es sich auf jeden Fall.

Wir fuhren also zum Startpunkt der Tour. Nach dem üblichen Corona-Prozedere mit Fieber messen, Liste ausfüllen und Hände desinfizieren, begrüßte uns unser Guide Justus und gemeinsam begaben wir uns auf den Weg.
Ich lief mit Bennett in der Regel hinter den anderen her – das erklärt die vielen Rückenansichten auf den Fotos. Der Guide hatte ein ordentliches Tempo drauf und wie es schon in meiner Kindheit immer war (weil ich einfach unbelehrbar bin), kam ich mit Bennett immer zuletzt am kläglichen Schattenplätzchen an und alle anderen standen auf und liefen wieder los. Wir beide hatten also wenig Zeit zum Trinken und Pausieren und blieben die Schlusslichter. Das hat mich anfangs gestresst, irgendwann hab ich mich damit abgefunden und konnte entspannt mit Bennett das Spiel „reich mir deine Hand, dann geb ich dir Energie“ spielen. Manchmal konnte Bennett danach sogar seine Feuerdüsen anschalten (er ist auch bekannt unter dem Namen „Rennauto mit Feuerdüsenantrieb“) und ein Stückchen rennen.
So liefen wir und liefen durch die schattenfreie Landschaft und die 2,5km fühlten sich unendlich an. Aber wir schafften es und erreichten die Stelle Felsenzeichnungen, die zum Glück sogar beschattet war.

Die Geschichte dieser Zeichnungen hat uns sehr beeindruckt. Es gibt Figuren – Menschen und afrikanische Tiere – die einfarbig sind und ca. 5000 Jahre alt sein sollen. Die mehrfarbigen Bereiche sind ca. 3000 Jahre alt.
Zum ersten Mal entdeckt wurde diese Felsenmalerei im Jahr 1918 vom deutschen Geologen Reinhard Maack. Er hat sie, nach heutiger Auffassung, richtig gedeutet und einen Krieger/Jäger erkannt. Anschließend geriet das Bild aber wieder in Vergessenheit, weil ihm keine Bedeutung beigemessen wurde.
Erst 1955 wurde sie von dem französischen Priester und Prähistoriker Henri Breuil wiederentdeckt. Dieser beschrieb die zentrale Figur als Weiße Dame und wurde dadurch namensgebend. Er sah in ihrer Körperhaltung und in der Lotusblüte in ihrer Hand eindeutige Indizien für Weiblichkeit.
Heute geht man davon aus, dass das Gesamtbild, in dessen Zentrum sich die „Weiße Dame“ befindet, ein schamanisches Ritual oder Jagdszenen zum Beschwören des Jagdglücks darstellen soll. Insofern handelt es sich bei der Weißen Dame eher um einen Jäger oder einen Schamanen – beides männlich. Aber einfach so umbenennen ist bei dieser Berühmtheit nicht so leicht (und vielleicht auch nicht sinnvoll).

Nach einer Apfelstärkung machten wir uns wieder auf den Rückweg. Zumindest wussten wir nun, was uns erwartet. Die Sonne stand im Zenit und diesmal war es Bennett, der mir immer wieder Energie geben musste und gab. Unser Spiel hat mich irgendwie gerettet und durchhalten lassen. Wir schafften den Rückweg, was sonst wäre uns übrig geblieben, und tranken am Auto erstmal alle unsere gekühlten Saft- und Wasservorräte aus. Danach war von meiner Seite allerdings an eine längere Autotour auf der Schotterpiste nicht mehr zu denken. Ich brauchte dringend einen Ort zum Füße hochlegen und Bauch beruhigen. Also fuhren wir die 10 km zur Lodge zurück, legten uns an den Pool, den wir am Sonntagnachmittag auch weitestgehend für uns hatten, aßen Pommes und Sandwiches und taten erstmal nichts mehr.
Nach Sonnenuntergang baute Marko die Dachzelte auf und wir fielen quasi in unsere Betten.

Am nächsten Morgen waren Welt und Bauch wieder entspannt und in Ordnung und wir konnten packen und in Richtung Twyfelfontain aufbrechen. Und ich schwöre, solche Touren stehen nicht mehr an. Ich kenne meine Grenze jetzt und werde gut aufpassen 🙂

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