Mir kam es schon komisch vor, dass ich im iOverlander zwar eine Ansammlung von Campsites und Fotopunkten fand, nicht aber eine Ortsbezeichnung. Ist Twyfelfontain (was zweifelhafte Quelle bedeutet) vielleicht auch ein zweifelhafter Ort?
140km lagen vor uns. Die Straße vom Brandbergmassiv nach Twyfelfontain folgte ihrem vorauseilenden schlechten Ruf und rüttelte uns gut durch. Zwischenzeitlich springt auch wieder und wieder die Schiebetür aus ihrer Verriegelung. Sie geht dabei zwar nicht ganz auf, muss aber dennoch von außen wieder zugedrückt werden. Das ist für den, der vorn sitzt – in dem Fall war es Livius – ziemlich lästig.
Unser Weg führte uns weiter durch das sehr dünn besiedelte Damaraland. Landschaftlich war es überraschend abwechslungsreich – Bergketten wechselten sich ab mit kargen endlosen Weiten und in hellem grün überzogenen Gras- und Buschlandschaften. Hin und wieder gab es kleine Siedlungen mit einfachsten Hütten, meist aus Wellblech wild zusammengezimmert. Menschen sahen wir wenige. Viele scheinen sich seit dem Beginn des Lockdowns zurückgezogen zu haben. Die Siedlungen an der Touristenroute dienen möglicherweise nur dem Zweck der sogenannten „Lebendigen Museen“. Uns wurde erzählt, dass normalerweise entlang der Straßen immer wieder traditionell gekleidete Damaras (bzw. je nach Region auch Himbas oder Hereros) stehen, die für Geld Fotos von sich machen lassen, Schmuck, Schnitzereien oder Spielzeug verkaufen, oder einen Einblick in ihr Leben, ihr Handwerk oder ähnliches geben. Momentan wirkt die Region sehr verlassen. Nur vereinzelt verkauft jemand Feuerholz, das wir aber grad nicht brauchen.
Wir fuhren und fuhren und plötzlich stellte ich fest, dass wir an den ersten Campingplätzen von Twyfelfontain schon vorbei gefahren waren. Nichts deutete darauf hin, dass wir uns in einem Ort befanden. Vielleicht versuchen wir es links? Dort ist immerhin ein Wegweiser zu einer Lodge und einer Tankstelle – vielleicht ist dort Zivilisation? Nee, war nicht. An der Lodge stoppten wir kurz für eine Fanta und erfuhren, dass die Zapfsäule (nicht Tankstelle) ganz in der Nähe zur Lodge gehört und wir nach dem Tanken, zum Bezahlen wieder herkommen sollen. Wasser gäbe es dort auch, das könnten wir einfach so auffüllen. Gäste gab es keine – 81 Betten, alle leer. Camping war hier nicht möglich. Marko war, nach dem zweifelhafen Auftreten des „Ortes“, kurz geneigt, den Preis für die Übernachtung zu erfragen, hat er mir später erzählt. Aber noch hatten wir die Campingoptionen nicht geprüft.
Ohne Zweifel, in Twyfelfontain hat Corona alles zum Erliegen gebracht. Der erste Campingplatz war ohne Strom und Wasser im Notbetrieb. Der zweite wurde von einem sehr gebrechlich daher kommenden Mann wohl gerade für die Wiedereröffnung in wenigen Tagen vorbereitet. Die Fahnen an der Einfahrt sprachen Bände über die Situation des namibischen Tourismus in der Corona-Krise.
Der dritte Platz war gänzlich verlassen. Dem Zustand der Versorgungsleitungen nach zu urteilen schon seit vielen Wochen..
Blieb uns noch der vierte Platz – wieder ein Lodge, diesmal mit angeschlossenem Campingplatz. Und endlich, hier hatten wir Glück. Wir blieben eine Nacht, genossen einen phänomenalen Ausblick und einen unglaublichen Sternenhimmel.
Viele Touristen – wahrscheinlich die meisten – kommen nach Twyfelfontain, um sich Jahrtausende alte Felsritzungen anzuschauen. Nach unserer „White Lady“-Erfahrung ließen wir das aber hier sein. Eine kleine Kostprobe bekamen wir in der Lodge am Vortag zu sehen, das reichte uns (mir vor allem). Stattdessen machten wir uns wieder auf den Weg, um unserem großen Ziel – dem Etosha-Nationalpark – weiter näher zu kommen.
Stopp am Versteinerten Wald und auf dem Oppi-Koppi Campingplatz
Im Gegensatz zu den Felsenmalereien und -ritzungen, versprach die Tour im versteinerten Wald eine Gesamtstrecke von nur 800 Metern. Das traute ich mir zu.
Die Jungs waren zunächst nicht so begeistert von unserem Plan, schon wieder irgendwo zu Fuß durch die Hitze zu laufen, zeigten sich aber dann doch kooperativ und kamen mit. Und spätestens beim ersten versteinerten Baumstamm fanden sie unseren Ehrgeiz dann doch ganz cool.
288 Millionen Jahre alte, komplett versteinerte Bäume. Nicht stehend, aber liegend. Und auch keine einheimischen Bäume, sondern Pinien, die im Zuge einer Eiszeit aus dem nördlichen Afrika hier angeschwemmt worden sind. So kann man heute auf vielen Quadratkilometern im Damaraland von kleinsten Steinen, die aussehen wie Holzstückchen bishin zu ganzen Baumstämmen sehen, was in Jahrmillionen tief unter der Erde aus Gasen und Druck entsteht und Stück für Stück durch Erosion freigelegt wird. Faszinierend!
Und weiter ging es bis Kamanjab zum Campingplatz Oppi-Koppi. Unser Platz sozusagen (bei dem Namen) …
Neuer Ort, neues Erlebnis. Hier gab es etwas, das wir noch nie erlebt hatten: Weil die Besitzer, ein belgisch-holländisches Ehepaar, selbst als Overlander die Welt bereist hatten, dürfen alle Overlander, die keine namibische oder südafrikanische Auto-Zulassung haben und seit mehr als neun Monaten mit ihrem Fahrzeug unterwegs sind, hier kostenlos stehen. Dafür müssen sie sich am Ende bereit erklären, ein Foto mitsamt ihrer Geschichte für den Overlander-Ordner zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, die Sammlung ging bis 2013 zurück. Eine schöne und auf unserer Reise bislang einmalige Idee.
Im Gegenzug nutzten wir an den beiden Abenden das Restaurant und aßen die größte Familienpizza, die uns je untergekommen ist – 62 cm Durchmesser, mit vier Wunschbelägen.
Hallo ihr lieben, ihr nehmt so langsam Abschied von eurem großen Abenteuer und wir vom Campingsommer. Heute sind nochmal 30• angesagt und ich kuriere meine Rippen weiter aus. Wir wünschen euch noch schöne Tage und eine gute Heimreise.