Auf unserem Weg von Reedsport zu den Oregon Dunes im William M. Tugman State Park am 18. Oktober kam die Idee auf, mal auszurechnen, wie lang wir eigentlich schon unterwegs sind. Und tatsächlich, dieser Tag war unser 111ter.
Wir konnten es alle kaum glauben, klingt 111 doch nicht nur schön, sondern auch echt ganz schön viel. Und irgendwie waren die Dünen auch Sinnbild der 111 Tage – auf und ab, bisweilen stürmisch, sonnig, aufregend, unerwartet und sehr besonders. Einfach mal losspringen und sehen, was passiert. Und am Ende in jeder Tasche und in allen Schuhen viele (Sand)Körnchen Erinnerungen.

Wenn ich für mich die Zeit Revue passieren lasse, sind da natürlich viele Erlebnisse, tolle Orte und schöne Begegnungen. Aber viel spannender ist für mich in diesem Rückblick die Frage, was die Zeit denn mit uns gemacht hat. Und auch da gibt es viele Beobachtungen (von mir)…

Ich selbst merke, dass ich schon viel früher mal einen Backpacker-Trip in ferne Länder hätte machen sollen. Der kleine Abenteurer in mir darf endlich auch mal… Und Abenteuer gepaart mit viel frischer Luft und kleinem Gepäck (das bei uns ja schon wieder ganz schön groß ausfällt) verändern – Körper, Geist und Seele. Manchmal habe ich das Gefühl, ich wachse über mich hinaus und tu Dinge, die ich mir nie zugetraut hätte. Das fühlt sich großartig an. Und dann wieder darf ich mit meinen Kindern Kind sein. Hier kennt mich ja keiner, da braucht mir nichts peinlich sein. Raus aus der Erwachsenenwelt, nur mal kurz, für den Augenblick. Super!

Wir sind draußen, spüren alles direkt, die Tageszeit, die Temperaturen, die Geräusche. Und auch uns. Immer. Direkt. Entscheidungen treffen wir im Hier und Jetzt und verärgert auseinander gehen können wir nicht mehr. Das kann auch schwierig sein, denn Türen zuschlagen ist oft einfacher, als Konflikte auszutragen. Aber, weniger Türen führen auch zu weniger Konflikten. Wir haben unsere Themen und auch mal schlechte Tage, aber wir sind sowas von zusammen gewachsen. Wirkliche Konflikte gibt es nach wie vor beim Thema Medien (das sich weitestgehend auf Computerspielen beschränkt), manchmal wegen der zu hohen Reisegeschwindigkeit und wegen des Gefühls der Ungleichbehandlung. JEDER kommt IMMER zu kurz! Da kriegen sich dann auch unsere Kinder mal so richtig in die Haare, mit allem, was bei Jungs eben dazu gehört.

Aber, wir haben endlich Zeit und Raum, uns diesen Themen zu stellen und miteinander gut im Austausch zu sein. Und oft lachen wir über kurz oder lang einfach über das Ärgernis oder essen einen Friedenscookie (da kann kein Livi sauer bleiben).

Was mir auch viel Freude macht, ist, zu beobachten, wie die Kinder Verantwortung für die Gemeinschaft übernehmen. Jeder macht seine Jobs (nicht immer von selbst), die wir gemeinsam definiert und verteilt haben, und wir Großen schaffen es in dieser Umgebung immer besser, sie auch machen zu lassen. Ich halte es z.B. aus, wenn Livi und Valle abends kochen oder Pancakes backen, ihnen nur meine Hilfe anzubieten und nicht ständig kluge Ratschläge zu geben oder dies und das und jenes dann eben doch selber zu machen, weil es dann schneller geht oder mir besser gefällt oder oder oder…
Und genauso lernen die Jungs untereinander auszuhalten, was der andere grad will oder tut. Und wenn einer Unterstützung braucht, bekommt er sie – ohne doofe Kommentare oder Überheblichkeiten. Das führt dann dazu, dass Livius Florentins E-Mails mit ihm korrigiert oder dem Loris die schwierigen Worte aus dessen Buch vorliest. Wow denke ich dann, was ist unser großes Kind groß geworden. Und wo sind eigentlich die altbekannten Ellebogen?

Für mich ein aktuell großes Thema ist Struktur in Verbindung mit (Selbst)Disziplin. Da hab ich noch viel Potenzial. Wir möchten Strukturen schaffen, die uns allen mehr gemeinsame Zeit schenken, weil wir uns nicht mehr ständig verzetteln – hier was anfangen, da was liegenlassen und dort was nicht zu Ende bringen. Feste Zeiten schaffen, wo jeder seine eigenen Projekte bearbeitet, um danach gemeinsame Familienzeit zu haben. Ohne den ständig nörgelnden Kritiker im Hinterkopf, dass doch dies oder jenes noch getan werden muss. Dafür braucht es natürlich nicht nur einen Plan, sondern auch viel Disziplin – Zeiten wollen eingehalten und sinnvoll genutzt werden, der innere Schweinehund muss mal überwunden werden und die Kinder brauchen individuelle Voraussetzungen für ihre Themen (Willkommen in der vorbereiteten Umgebung! 🙂 ). Da komme ich an die Grenzen meiner Selbstdisziplin. Auch wollen wir gemeinsam Sport machen und ich möcht so gern wieder Yoga machen – Guten Tag Herr Schweinehund! Dort ist die Tür!!!

Es ist also insgesamt wie erhofft und vermutet: Der schönste Weg zu dir selbst führt einmal um die Welt! Also machen wir weiter und erkunden aussichtsreiche Höhen, stellen uns tiefen Tiefen und bergen verborgene Schätze.

Was für ein Geschenk.

2 Kommentare

  1. Liebe Franzi, mir geht bei deinen Worten so das Herz auf, und Tränen stehen in meinen Augen weil es mich sehr berührt. Eine feste Umarmung an alle!!!!!!!❤️

  2. E-Mails? Welche E-Mails? Ich habe nichts von Florentin bekommen 🙁 Wer weiß bei wem sie hängen geblieben sind… Oder sind die gar nicht für mich, sondern an seine Freundin? Das würde ich verstehen 😀

    Liebe Grüße,
    Elias 🙂

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