„Die Vergangenheit ist geizig. Sie gibt nichts wieder her. Vor allem keine Entscheidungen.“ (aus „Schilf“ von Juli Zeh)

Dieses Zitat beschäftigt mich, seit ich vor wenigen Wochen das Buch gelesen habe. Und weil ein fröhlich leichter Blogbeitrag grad nicht aus meiner Feder kommen mag, lasse ich euch an meinen Gedanken teilhaben.

Schon als Kind konnte ich mich nie einfach entscheiden, immer war da die Angst vor dem falschen Weg, der falschen Entscheidung, dem „was wäre gewesen, wenn“. Und wenn dann dieses oder jenes meinen Zuspruch erhalten hatte, war ich unmittelbar im inneren Konflikt, ob das denn richtig war, oder, ob ich es nicht hätte besser, anders entscheiden können.

Heute haben meine Entscheidungen oft eine andere, eine größere Tragweite. Und noch immer, oder noch viel mehr, wäge ich ab, denke hin und her und versuche herauszufinden, was die bestmögliche Entscheidung im Kontext der Gesamtsituation ist. Und manchmal steht am Ende die Verzweiflung – als riesiges, energieraubendes und unbeirrbares Wesen. Und dann plötzlich gerät eine vielleicht leichten Herzens und frohen Mutes getroffene Entscheidung ins Fadenkreuz des Zweifels. Dann sind alte Muster, Ängste, Unsicherheiten wieder präsent.

So geht es mir dieser Tage mit unserer Reise. Unser Weg sollte einen buchstäblich großen Bogen machen, das entschieden wir – leichten Herzens, frohen Mutes, voller Überzeugung. Aber, war das richtig? Und welches/wessen Richtig ist überhaupt gültig? Wie frei ist die Freiheit wirklich? Wieviel Entfernung braucht man, um Nähe zu finden? Was wäre gewesen, wenn…?

Ich weiß, dass ich vielen Fragen mit Geduld begegnen kann. Das ich mir vertrauen kann, dass ich dem Leben vertrauen kann. Das sich Dinge fügen und Antworten sich meist erst finden lassen, wenn Fragen da sind. Und, dass unser Weg eben nicht nur unser Weg ist. Wir sind verbunden, kreuzen uns, können manches Stück nur miteinander und ein anderes nur ohne einander gehen. Und momentan geht unser weltreisendes Miteinander nur ohne das Zusammensein mit unseren Familien und Freunden in Deutschland. Diese Entscheidung haben wir getroffen und sie stellt uns grad hart auf die Probe. Es schmerzt mich, das Gewissen plagt mich. Die Gedanken drehen sich in meinem Kopf. Gern bin ich hier und wär doch gern auch da, dort wo das Leben im grauen Winterkleid Traurigkeit in meine Familie trägt. Diese Zerrissenheit kostet mich viel Energie und bringt uns als Familie sehr aus dem Gleichgewicht. Da sind Antworten nicht leicht zu finden. Vieles wird anders sein, wenn wir zurück kommen. Nicht auf alles waren wir vorbereitet.

Und dennoch, die Vergangenheit gibt die Entscheidungen nicht zurück. Wir sind hier, an diesem schönen Ort mit türkisblauem Wasser, weißem Strand und unseren neu gewonnenen Freunden. Die Tage könnten einer Bilderbuchgeschichte entstammen und trotzdem weiß ich nicht, wie sie sich rückblickend anfühlen wird, unsere Zeit in Los Barriles. Traurig, schwer und fehl am Platz oder doch irgendwie richtig und wichtig. Aber, so ist es wohl, DAS Leben.

Von hier und unserem Weg hierher soll es aber dennoch ein paar Fotos für euch geben. Es passieren so viele schöne Dinge jeden Tag und ich möchte es nicht missen, euch auch daran teilhaben zu lassen.

Loreto

fertig mit Geschirr abtrocknen…

  

Comondú

zeitgleich mit uns waren ca. 150 Fahrzeuge der „Baja XL“-Rallye auf dem Campingplatz 

La Paz

Einladung zum Geburtstagskaffee
„Iss mich, bitte iss mich!“

Rancho Verde San Antonio

unser erster Skorpion – zum Glück nicht mehr lebendig

Los Barriles

unsere „Wagenburg“ auf dem Campingplatz

das abgesteckte Nest einer Wasserschildkröte

 

Fußballfans beim Fische gucken

Abklatschen mit der Polizeistreife am Strand
Cocktailparty

   

Livi lernt, einen Fisch zu filetieren

Fahrzeugpräsentation der „Los Barriles 300“-Rallye

Rallye direkt vor der Campingplatzmauer
sechs Blondschöpfe fiebern mit den Rennfahrern mit

Rummykub – unsere neue Leidenschaft. Geht auch bei Wind zu spielen.

Ein Kommentar

  1. Hallo in die Runde,
    mich wundert eigentlich, dass Euch der Reiseblues erst jetzt erfasst 😉
    Ich selbst bin auch ein paarmal zu längeren Reisen aufgebrochen, und am Anfang war alles aufregend und neu. Aber dann stellte sich eine gewisse Übersättigung und Reisemüdigkeit ein. Dann bin ich mal ein paar Wochen an einem Ort geblieben und habe einfach abgewartet bis sich die Reiselust wieder eingestellt hat.
    Allerdings war ich immer alleine unterwegs und musste mir keine Gedanken um fünf Buben und ihre Zukunft machen.
    Übrigens: Es war auch immer ein schönes Gefühl, wieder nach Hause zu kommen und in den Alltag einzutauchen, der mir vorher so trist vorgekommen war.
    Glück auf !
    Heinz

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