Wir hatten allen Grund zur Freude: als wir Panama Stadt erreichten fing es an zu regnen, wolkenbruchartig, ABER, wir wussten, am Ende der Suche nach der richtigen Straße werden wir ein Haus mit Dach und Wänden, Türen und einer richtigen Küche haben.

Die Jungs waren schon seit dem Morgen aufgeregt und ein bisschen was davon war auch auf uns übergeschwappt. Auf der Fahrt sahen wir in der Ferne immer wieder die Skyline von Panama Stadt, die wir oft schon auf Bildern gesehen hatten und die uns auch in Echt trotz des Regenschleiers beeindruckte. So wenig wir eine Affinität zu Wolkenkratzern, Glasfassaden und Penthousewohnungen haben, so imposant wirkte es dennoch auf uns.

Nachdem wir uns zunächst etwas verfahren hatten, standen wir schlussendlich trotzdem pünktlich vor der bewachten Einfahrt zu unserem Wohnkomplex für die nächsten zwei Wochen. Unsere Vermieterin wollte eigentlich persönlich da sein, hatte dann aber doch den Schlüssel beim Wachmann abgegeben, der uns nach einer Ausweiskontrolle gewähren ließ. Und so standen wir nun vor unserem ersten Airbnb-Haus. Ein spannender Moment. Das Schloss klemmte natürlich, doch wir gewannen…

Der erste Blick war wunderbar, der zweite gut, der dritte holte mich zurück. Muffige Regenzeit klebte in den Schränken, am Geschirr und den Töpfen. Das war der Moment, wo ich mir wünschte, ich hätte meinen kleinen überschaubaren EIGENEN Campinghaushalt wieder und wo ich mich fragte, wie all die vielen Reisenden es schaffen, immer in Airbnb-Unterkünften zu sein. Einziehen, suchen, vermissen, sortieren, ausziehen. Das stell ich mir sehr anstrengend vor…
Ich holte also einmal tief Luft (nein, nicht im Schrank), ließ Wasser in die Spüle und wusch alles ab, was wir absehbar brauchen werden. Bis zum Ende unserer Zeit hier sind diese Sachen nicht wieder in die Schränke zurück gekommen.
Zur Versöhnung fand ich im Abtropfgitter der Spüle diese Tassen:

Ein Stückchen Heimat, sind wir doch beide Dresdner, das sich sogar noch in hier aufgehängten Bildern des Dresdner Elbufers und der Frauenkirche wiederfand. Zur Erklärung: Der Vater unserer Vermieterin hat wohl viele Monate in Dresden gearbeitet und war so begeistert, dass er an den Souvenirs nicht vorbeikam …

Spätestens am nächsten Tag waren wir dann vollständig eingezogen – mit dem dazugehörigen Chaos – und auch wenn es sich nicht heimisch anfühlte, fühlten wir uns doch heimelig wohl. Wir hatten viel Platz, warme Duschen und die Stressfreiheit einer geschützten Wohnanlage im Außenbezirk der Metropole. Ein kleiner Spielplatz war gleich gegenüber und immer wenn der Regen kam, was zu Beginn ca. fünfmal täglich passierte, waren wir froh um die große überdachte Terrasse. So waren wir draußen und im Trockenen. Und wir konnten endlich „hemmungslos“ Kochen, Braten und Backen. Das war ein Fest.

Container-Geschichten

Das alles bestimmende Thema der nächsten Tage war die Verschiffung des Autos. Wir bereiteten vor, nahmen Kontakt zum Spediteur auf, der die Container-Logistik managen sollte und standen parallel in Kontakt mit dem Vermittler in Holland. Und weil man zum Glück erst hinterher schlauer ist, ist Teil 1 mit einer Woche Verspätung nun über die Bühne – das Auto und die Zelte sind im verplombten Container und stehen im Hafen. Wenn wir gewusst hätten, wie das läuft… Naja, wussten wir nicht. Jetzt hoffen wir, dass auch der Rest gut geht. Man könnte es zusammenfassen mit: In diesem Gewerbe kann jeder machen was er will. Zahlung schützt vor Nichtleistung nicht und als Overlander darf man sich im großen Uhrwerk der Containerverschiffung ruhig mal als ganz kleines Zahnrädchen fühlen. Wahrscheinlich vor allem in Panama.

Das Prozedere begann damit, dass wir zur Polizeikontrolle in einen der (in Deutschland würde man sagen) Brennpunkt-Stadtteile mussten. Morgens um fünf. Zum Glück fanden wir den Parkplatz gleich, denn vom Verfahren wurde uns von Julio, unserem Agenten, dringend abgeraten. Was uns auch gleich plausibel erschien.
Es werden hier täglich nur 25 Fahrzeuge geprüft und weil es immer mehr werden, muss man immer früher da sein, um an die Reihe zu kommen. Wir bekamen Nummer 7, waren also früh genug da. Der Parkplatz füllte sich schnell und gegen 6 bekamen die bis dahin anwesenden Autobesitzer eine erste Einweisung. Gegen sieben begann der Inspektor mit der Arbeit. Er checkte die Unterlagen und Zollpapiere auf Richtigkeit und Übereinstimmung mit dem Fahrzeug. Marko kam vorher schon zu mir und meinte, dass die Motornummer auf unserem Papier nicht stimmt. Bei der Einreise hatten sie einfach irgendeine Nummer aus dem Fahrzeugschein übernommen. Und weil das vorher noch nie eine Rolle gespielt hatte, hatten wir es A nicht gecheckt und B entsprechend auch nicht gemerkt. Diesmal war es aber wichtig und so durften wir eine Extrarunde zum Zoll drehen. Dort wurde Marko von einem freundlichen Herrn schnell geholfen, das Papier neu ausgestellt, und wir fuhren erneut zur Inspektion. Diesmal ging alles glatt. Der Inspektor gab grünes Licht für die Abholung der Unterlagen am Nachmittag. Zwischendurch mussten wir dann nochmal zum freundlichen Zollbeamten, um das Auto im Pass ausstempeln zu lassen. Hier in Amerika reicht für das Auto ein Stempel im Pass des Fahrers oder Halters. In Südafrika bekommt unser Auto dann seinen eigenen „Reisepass“, das sogenannte „Carnet de passage“ und wie bei uns Menschen werden alle Aus- und Einreisen genau dokumentiert – beim Auto aus Gründen der Verzollung, damit wir es nicht einfach zollfrei irgendwo verkaufen können.
Nachmittags holten wir dann die Unterlagen ab und hatten die Ouvertüre erfolgreich durchgespielt.

Damit konnte der Hauptteil beginnen und wir lernten in der Dreiecksbeziehung mit Julio hier vor Ort und Robert in Holland die Gepflogenheiten der Containerverschiffung kennen: 1. Geld muss fließen, 2. Absprachen zählen solang, bis sie dem, der am längeren Hebel sitzt unbequem werden und 3. Wer ist hier auf wen angewiesen?
Aber, die Kuh war auf dem Eis und wir wussten, wir haben keine Optionen. Ein kurzes Schlittern mit drohendem Erliegen der Zusammenarbeit konnte Marko abfangen und schlussendlich sind wir ohne Zusagen und Sicherheiten in Vorleistung gegangen und vertrauen darauf, dass alles gut geht. Ist wohl so üblich in diesem Gewerbe.
Auf jeden Fall ging mit einigen Tagen Verspätung plötzlich was und schlussendlich ist unser Auto dort angekommen, wo es erstmal hin sollte – im Container in den Hafen. Das das jetzt immer noch bedeutet, dass die Reederei einfach so und ohne Begründung die Mitnahme den Containers verweigern kann, macht uns jetzt auch nicht mehr verrückt. Wir hoffen und fliegen dann schon mal vor…

Ein Schiff wird kommen…

Da das Verladen des Autos erst verspätet stattfand, waren wir noch ein paar Tage mehr als erwartet mobil und konnten DAS Highlight Panamas in Augenschein nehmen: den Panamakanal, beziehungsweise, dessen „Eingang“ auf der Pazifikseite, die Schleusenanlage Miraflores.

Die Schiffe müssen auf beiden Seiten des Kanals um bis zu 26 Meter gehoben, bzw. zum Meer hin wieder gesenkt werden. Das haben wir uns angeschaut, zusammen mit ein paar Busladungen anderer Touristen.
Mit unglaublicher Präzission werden die riesigen Schiffe durch die Fahrrinnen gesteuert, wo links und rechts nicht mehr als eine handbreit Platz ist. Sie fahren dabei mit eigenem Antrieb und werden von +/- acht Treidelloks mit Stahlseilen mittig gehalten.
Seit 2016 gibt es drei Fahrrinnen, denn die neuen Riesen passen nicht mehr durch die alten Schleusen. Durch die neuen können nun z.B. Schiffe mit bis zu 14.000(!) Containern fahren.
Als Besucher kann man morgens bis 9 Uhr die Schiffe beobachten, die in den Kanal einfahren und ab 14 Uhr dann die, die aus dem Kanal wieder ins Meer fahren. Wir haben Tanker, Containerschiffe, einen Autotransporter und ein Kreuzfahrtschiff sehen können. Und die Zwischenzeit nutzte Marko mit den großen Jungs, um sich den Infofilm im 3D-Kino anzuschauen.

Sonntags mögens Panamaer sportlich

Am Lago Atitlan in Guatemala hörten wir bereits davon. Wiedereinmal waren es Berliner, die unseren Weg kreuzten und von denen wir tolle Tipps für Mittelamerika bekamen. So auch diesen: sonntags wird in Panama Stadt eine Richtungsfahrbahn der Hauptstraße entlang der Uferpromenade für den Autoverkehr gesperrt und für Radfahrer, Läufer und Skater freigegeben.
Mit diesen Worten im Ohr machte ich mich auf Infosuche im Internet und fand … genau nichts. Keine aktuellen Informationen, ob es das gerade oder überhaupt noch gibt, wo man ggf. Fahrräder ausleihen kann und wie die Zeiten sind. Die Informationen, die ich fand waren viele Jahre alt und viele alte Internetseiten waren nicht mehr erreichbar. Ganz geschlagen geben wollte ich mich damit aber nicht und schlug meinen Männern vor, dennoch am Sonntag und wegen des schöneren Wetters am Vormittag auch lieber beizeiten in die Stadt zu fahren.
Gesagt, getan. Das Auto war zwischenzeitlich weg, also fuhren wir mit der Metro, die hier in den Außenbezirken als Hochbahn und im Innenstadtbereich als U-Bahn unterwegs ist. Das dauerte länger als erwartet und so war es bereits halb elf, als wir endlich an der Uferpromenade ankamen. Zu unserer Freude: die Straße war gesperrt! Unser Problem: in welche Richtung laufen wir, um Räder auszuleihen? Hin und her, schnell kommen wir als Pulk ja nicht vorwärts, rutschen musste auch noch sein und nun war es schon elf. Wenn die alten Informationen stimmen, wird 12 Uhr die Straße wieder freigegeben. Ok, Versuch gescheitert. Ich war echt geknickt und die Jungs hatten ihre liebe Not, mich wieder aufzuheitern. Und plötzlich, da war er: der Stand mit den Fahrrädern. Kleine Räder, große Räder, ein Hollandrad für mich und das Beuteltier – wir konnten aufsteigen und sind losgefahren. Bis zwölf auf der gesperrten Straße und dann noch eine halbe Stunde auf dem Radweg. Alles war perfekt. Die Radfahrerherzen schlugen Purzelbäume und die von uns, die sich dem Radfahren nicht so verschrieben haben, genossen die herrliche Aussicht bei schönstem Sonnenschein.
Danke und liebe Grüße an Luise und Daniel nach Berlin!

Und, um zurück zur Eingangsfrage zu kommen: Ja, wir können es noch in vier Wänden aushalten, aber es ist anders. Wir haben bevorzugt auf der Terrasse oder im „Zug“ gesessen – Türen auf, Wind rein. Es fühlt sich anders an, drin zu sein und ich hab immer wieder den Drang verspürt, raus zu kommen. Durchatmen.

4 Kommentare

  1. Hallo ich kann Euren Bericht über die Schleusenbesichtigung nur bestätigen. Auf unserer Karibik Reise waren wir auch dort und für mich war das einfach der Höhepunkt der Reise. Die neue Schleuse war damals noch nicht fertig. Weiterhin alles gute und wir freuen uns auf die Berichte aus Süfafrika.

  2. Liebe Franzi und Co.
    Habt Ihr nun Panama verlassen??
    Betr. „Shipping the Van“ decken sich Eure Erfahrungen in etwa mit den unsrigen.
    Eure Erfahrungen in Panama City sind äusserst spannend, und die Velofahrt von Euch Sieben scheint so etwas von „cool“ gewesen zu sein.
    Sobald wir das Auto dann doch noch abgeben konnten, haben wir sofort den Flug nach Kolumbien gebucht; die erste Station war also CARTAGENA, wo wir im farbigen alten Kern wohnten, auf der alten Mauer den abendlichen kühlenden Wind genossen und mit einigen Flüchtlingen aus Venezuela in Kontakt kamen, deren junge Männer als Strassenverkäufer oder Kellner oder auf dem Land als Erntearbeiter beschäftigt sind; inzwischen hat Kolumbien 1.5 Millionen Flüchtlinge, und man versucht nun, weitere an der Grenze zurückzuhalten.

    Nicht überraschend hat uns von unserer Shipping Companie in New York die Nachricht erreicht, dass unser Van immer noch in Colon stehe, mit ungewissem Ziel und Datum der Verschiffung. Vielleicht könnten wir ihn dann irgendwann in Ecuador in Empfang nehmen, wenn überhaupt !!

    Und weisst Du was? Wir nehmen’s inzwischen recht gelassen, wie Ihr.
    Wir sind während 4 Stunden per Bus mit viel lauter Musik und TV-Begleitung nordwärts gefahren, um nun in der Finca CASA MARACUYA in MINCA auf 1300 m etwas Abkühlung zu erfahren, mitten im Dschungel an einem rauschenden Bach. Da die Unterkunft von zwei Schweizer Männern geführt wird, ist „Sauberkeit und Ordnung“ garantiert!!
    So weit so gut und herzliche Grüße
    Wilma mit Dan

    1. Ihr lieben, das klingt ja noch abenteuerlicher als bei uns… Ich hoffe, es geht gut und euer Auto findet den Weg zu euch. Unseres ist (wohl) auf dem Schiff angekommen. Wir sind also optimistisch 😁 Bis bald wieder! Liebe Grüße von uns allen.

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