Manchmal…
…dann, wenn die Sonne sich rar macht und die Photovoltaikanlagen keinen Strom liefern,
…dann, wenn es stark regnet und die Kohle für die Kraftwerke nass wird (klingt komisch, ist aber so),
…dann, wenn es ungewöhnlich kalt in Südafrika ist und die fröstelnden Menschen ihre energiefressenden Heizkörper einschalten,
…dann, wenn, weil Weihnachten naht, viele Lichter leuchten sollen,
dann reicht der Strom nicht mehr aus. Und wir erleben eine für uns ganz neue Herausforderung jenseits unserer Komfortzone.

Pünktlich einen Tag vor Beginn unseres housesittings, rief uns Hennah (unserer Arbeitgeberin sozusagen) an, um uns mitzuteilen, dass nach drei Monaten nun die sogenannten load-sheddings – geplante Stromabschaltungen – zurück sind. Marko konnte sich erinnern, dass das seit vielen Jahren schon ein Thema hier ist. Der produzierte Strom reicht einfach nicht. Die Kohlekraftwerke sind alt und marode und demnach nicht voll leistungsfähig und den Weg in die regenerative Energiegewinnung hat man politisch schlicht verschlafen. Also muss Strom eingespart werden, um den totalen Stromausfall zu verhindern.
Konkret heißt dass, dass das Land in Zonen eingeteilt wurde und nach einem starren Plan der Strom in diesen Zonen rotierend abgeschaltet wird. Die jeweilige Dauer richtet sich nach der Gesamtmenge Strom, die eingespart werden muss.

Wir befinden uns aktuell in Stage 4 – 4.000 MW müssen eingespart werden – was bedeutet, dass wir wechselnd 4,5h oder 9h am Tag ohne Strom sind. Das ist ordentlich, denn dann geht nix mehr – kein Licht, kein Internet, kein Küchengerät und auch nicht die Heizplatte für die Füße an der Wand unter dem Esstisch. Zum Glück wissen wir vorher über die Zeiten Bescheid und können uns ein bisschen darauf vorbereiten. Ganz ohne ist es dennoch nicht, denn jede Tag- oder Nachtzeit hat ihre Vor- und Nachteile.
So ist es zum Beispiel ein Problem, dass die Alarmanlage des Hauses (wie auch die der Häusser in der Nachbarschaft) sehr empfindlich reagiert und Marko jeweils mindestens einmal den Alarm ausschalten muss. Das bedeutet, dass er tagsüber in dieser Zeit das Haus nicht verlassen kann und nachts aufstehen muss, wenn der Alarm losgeht. Abschalten der Anlage ist natürlich auch keine brauchbare Lösung.
Außerdem müssen wir darauf achten, dass gekocht ist, wenn das Licht ausgeht; dass alle Geräte immer geladen werden, wenn Strom da ist; müssen die Zeiten für´s Computerspielen danach ausrichten und alle Telefonate abgeschlossen und Nachrichten versendet haben, wenn das Internet weg ist.

Und wieder stellen wir fest, wie verwöhnt wir sind. Nicht nur, dass zuverlässig immer heißes Wasser aus Dusche und Wasserhahn kam, nein, auch mit großen Stromausfällen mussten wir in Deutschland nie rechnen. Ich erinnere mich noch, wie in Stuttgart mal ein Stromkabel in unserer Straße bei Bauarbeiten kaputt gegangen ist und wir auf unabsehbare Zeit ohne Strom waren. Was für ein Stress. Wo sind die Kerzen, was essen wir heute Abend, ich wollte doch noch Wäsche waschen, ach ja, telefonieren war auch noch verabredet und der Kühlschrank…wann fängt der eigentlich an zu tropfen??? Schlussendlich war es damals nur kurz, aber die Sorgen, dass etwas mal nicht so läuft, wie gewohnt, die war riesig.

Und hier leben die Menschen ihren Alltag damit. Kühlschränke überleben, Geschäfte haben eine Notversorgung und jeder hat batteriebetriebene Laternen im Wandschrank. Der Strom kommt eben manchmal auch nicht einfach so aus der Dose, so wie das Wasser in Mittelamerika meist einfach nicht warm ist, obwohl es einen Temperaturregler gibt.

Bei uns entspann sich infolge der Stomsituation ein Gespräch über die politische Situation Südafrikas, über Apartheid, über Freiheit, über die Folgen von Hoffnungslosigkeit, über Toleranz und die Angst vor dem Fremden, dem Unbekannten. Es liegt nahe, dass hier alles mit allem verwoben ist und die Situation um den großen staatlichen Energieriesen aus einer Vielzahl von verschiedenen Problemen resultiert. Und wieder denke ich, dass keine Schule es vermocht hätte, die Herzen unserer Kinder mit diesem Thema so zu berühren, wie diese, unsere Zeit hier in Johannesburg es tut.

Aprops Herzen, vor lauter Dunkelheit (wegen des fehlenden Lichts, nicht in unseren Herzen) hab ich noch gar nichts zu unseren beiden Herzdamen auf vier Pfoten erzählt. Mischief und Jesse sind zwei siebenjährige Labrador-Schwestern, die Haus und Hof bewachen. Sie leben draußen und sind bisher wegen des vielen Regens meist zu nass, um intensiv geknuddelt zu werden. Aber ein bisschen ist schon ok. Weil sie darauf nicht trainiert sind, können wir mit ihnen nicht Gassi gehen und ins Haus dürfen sie auch nicht. Lediglich der Poolbereich ist ihnen erlaubt und wenn das Wetter in den nächsten Tagen hoffentlich bessser wird, werden wir das ausgiebig genießen. Valentin und Flo lieben es, mit den beiden Kommandos zu trainieren und Ball zu spielen. Und morgens um sieben kurz mal aus dem Bett fallen, um die beiden zu füttern ist auch kein Problem, selbst bei Starkregen nicht. Außerdem werden sie abends nochmal gefüttert und der Wassernapf muss regelmäßig gespült und frisch gefüllt werden. Das war es dann auch schon. Ich bin gespannt, ob die Jungs nach zwei Wochen mit den gleichen Jeden-Tag-Hunden ihren Hundewunsch überdenken, oder ob es ihnen rückblickend Freude gemacht hat und sie daran festhalten…

Ansonsten vergehen unsere Tage mit Plätzchen backen, malen, (vor)lesen, Shaun das Schaf gucken (das ist der erfahrungsgemäß beste Trickfilm für alle Altersklassen unserer Kinder), Minecraft spielen und meiner persönlichen Weihnachtschallenge: an Heilig Abend „Jingle bells“ auf der Gitarre spielen zu können. Livius macht zwischenzeitlich Dinge am Computer, die ich auch nicht mehr verstehe und Marko kuriert eine kalte-Füße-Erkältung aus.
Außerdem planen wir, wie es für uns in Afrika weiter geht und konnten zumindest den nächsten Schritt bereits fest machen: Wir werden nach unserer Zeit hier nach Port Elizabeth fahren und in der Gemeinschaft 28 towpath die Zeit als volunteers verbringen, bis unser Auto ankommt. Wir wollen dort gern etwas über Permakultur lernen und versuchen, uns so gut es geht an den Stellen aktiv einzubringen, wo Bedarf besteht – Hostel, Garten, Kinderbetreuung,…. Ich denke, zwei Wochen werden wir da sein und wir freuen uns sehr auf Gemeinschaft, Gespräche, Draußensein und besonders darauf, Weihnachten und Silvester mit anderen Menschen zu feiern.

Ps.: Während ich das hier fertig schreibe und verschicke, kitzelt die Morgensonne alle anderen wach. Das wird ein schöner Tag 🙂

2 Kommentare

  1. Hallo und liebe Adventsgrüsse aus Cottbus. Trotz des Stromausfalls habt ihr aber schon viele Plätzchen gebacken. Mich würde interessieren wie lange die Kinder brauchen um sie weg zu putzen. Wir freuen uns über die schönen Fotos und hoffen dasdie Stromsituation besser wird. Grüße J und E

    1. Ja, die Plätzchenbäckerei flutscht in den Zwischenzeiten, wo Strom fließt schon fast automatisch. 15 Bleche waren es bisher und die ersten sieben haben wir direkt am 2. Advent aufgegessen. Die Stromsituation hat sich etwas entspannt. Heute ging das Licht völlig überraschend nach einer guten Stunde bereits wieder an. Wahrscheinlich liegt es daran, dass endlich die Sonne wieder scheint… Liebe Grüße nach Cottbus

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